Beständigkeit in Unternehmen

Stabil durch Wandel: Warum Österreichs Unternehmen auf Beständigkeit bauen können
Krisen, Umbrüche, technologische Revolutionen und doch gibt es in Österreich zahlreiche Unternehmen, die über Jahrzehnte hinweg Bestand haben. Sie beweisen, dass wirtschaftliche Langlebigkeit kein Zufall ist, sondern das Ergebnis von Weitsicht, Verantwortung und Anpassungsfähigkeit. Diese Betriebe sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und Grund genug, stolz zu sein.
Die leisen Gestalterinnen des Erfolgs
Wenn über „Longevity“ in Unternehmen gesprochen wird, denken viele an Gründerfiguren oder visionäre CEOs. Doch oft sind es Frauen, die in entscheidenden Momenten Verantwortung übernommen und Firmen in die Zukunft geführt haben.
Susanne Riess-Hahn, seit zwei Jahrzehnten Generaldirektorin von Wüstenrot, hat die Finanzgruppe nicht nur durch Krisen gesteuert, sondern sie auch digital neu aufgestellt. Ohne laute Gesten, aber mit nachhaltiger Substanz. Ihr Beispiel zeigt, dass Langlebigkeit dort entsteht, wo Führung mit Verantwortung und klarer Linie verbunden ist.
Österreich – ein Biotop der Beständigkeit
Wie stabil die heimische Wirtschaft tatsächlich ist, zeigt eine Studie der KMU Forschung Austria: Österreich weist eine besonders niedrige Marktaustrittsrate und überdurchschnittlich langlebige Unternehmen auf. Martin Kocher, designierter Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, nennt das „bemerkenswert – gerade in Zeiten, in denen Start-ups gefeiert werden, von denen kaum eines den dritten Geburtstag erlebt.“
Unternehmen wie Wüstenrot, Starkl, David Fussenegger oder die ÖBB stehen exemplarisch für diesen Trend. Sie haben gelernt, Krisen nicht zu vermeiden, sondern aktiv und mit klarer Linie zu steuern. Beständigkeit ist hier keine Zufälligkeit, sondern eine strategische Entscheidung.
Evolution statt Revolution
Die FMMS Holding rund um Eigentümer Franz Mayr-Melnhof-Saurau zeigt, wie Wandel zur DNA eines Unternehmens werden kann. Vom Gastgewerbe über die Stahlindustrie bis zur nachhaltigen Forstwirtschaft hat sich der Konzern immer wieder neu erfunden. Der Unterschied zwischen Scheitern und Bestand liegt darin, aus Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Ein ähnlicher Geist prägt die ÖBB, die ihre Energieversorgung komplett auf erneuerbare Quellen umgestellt hat. „Tradition kann einem das gute Gefühl geben, an einer größeren, generationenübergreifenden Sache zu arbeiten“, betont Silvia Angelo, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG. Hier wird Langlebigkeit zur Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen.
Beim Vorarlberger Textilhersteller David Fussenegger haben zwei langjährige Mitarbeiter, Gottfried Wohlgenannt und Jürgen Spiegel, die Geschäftsführung übernommen. Ihre Philosophie: Erfolg entsteht durch Offenheit und Miteinander. „Gute Ideen entstehen nur in einem Klima, in dem man sich auf Augenhöhe austauschen kann“, so Wohlgenannt. Auch hier gilt: Beständigkeit ist das Ergebnis von Vertrauen und einer starken Unternehmenskultur.
Eine Wirtschaft mit Haltung
Österreichs langlebige Unternehmen zeigen, dass Substanz wichtiger ist als Lautstärke. Sie investieren in Menschen, Prozesse und Strukturen, nicht in kurzfristige Effekte. Laut KMU Forschung Austria bestehen rund 40 Prozent aller heimischen Betriebe länger als 25 Jahre, ein Spitzenwert im europäischen Vergleich.
Diese Stabilität entsteht nicht durch Zufall, sondern durch Haltung: Eigenkapital als Puffer, Standortbindung der Eigentümerinnen und Eigentümer, klare Werte und die Bereitschaft, Wandel als Chance zu begreifen. Sie alle sind Teil einer Wirtschaft, die ihre Stärke nicht aus Geschwindigkeit, sondern aus Beständigkeit zieht.
Fazit: Stolz auf Substanz
In einer Zeit, in der viele Märkte auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet sind, ist Österreichs Wirtschaft geprägt von Unternehmen, die in Generationen denken. Sie zeigen: Man muss nicht ständig neu sein, um relevant zu bleiben. Man muss verstehen, was trägt.
Diese Haltung stand auch im Mittelpunkt der Business Stage am 15. Oktober 2025, bei der Unternehmerinnen und Unternehmer über Erfolgsfaktoren unternehmerischer Langlebigkeit diskutierten.