GASTKOMMENTAR von Kathrin Kleindienst-Resler, Gleichstellungsbeauftragte des Arbeitsmarktservice Steiermark - Expertin für den Arbeitsmarkt.

Warum Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer

Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter so wie die Gleichstellung der Geschlechter. Zurecht! Zu groß sind die Gehaltsunterschiede!

Was ist der Gender-Pay-Gap?

EU-27: Gender-Pay-Gap 2022 Österreich: Gender-Pay-Gap 2022
12,7% 18,4%

Der EU-Indikator Gender-Pay-Gap bezeichnet laut Eurostat die Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten der Frauen und Männer in Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten; durch die Verwendung der Stundenverdienste ist Teilzeitarbeit bereits berücksichtigt. Österreich lag 2022 mit 18,4 Prozent Differenz auf dem 26. und damit vorletzten Platz im EU-Vergleich (EU-Schnitt: 12,7 Prozent).

Quelle: Statistik Austria

Am 1. 11. 2024 (= Equal-Pay-Day) haben Männer in Österreich bereits das Einkommen erreicht, wofür Frauen noch bis zum Jahresende arbeiten müssen.

Was braucht es, um diesen zu verringern oder gar zu beseitigen?

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – flexible Arbeitszeit – mehr Frauen in Führungspositionen

Erwerbsarbeit von Frauen und Männern wird nach wie vor unterschiedlich bewertet und bezahlt. Männer finden sich in besser entlohnten Berufen und Positionen wieder, verdienen somit besser und lernen bereits in frühen Jahren, wie Gehaltsverhandlungen zu ihren Gunsten durchgeführt werden. Im Gegensatz zu Frauen, denen es anerzogen wurde, sich mit weniger zufriedenzugeben. „Bescheidenheit“ – die Tugend schlechthin.

Die genderstereotype Berufswahl lässt sich selbst im Jahr 2024 nicht von der Hand weisen, weshalb Frauen nach wie vor in frauendominierten Berufsbereichen einsteigen, welche schlechter bezahlt sind und schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten bieten als männerdominierte Berufsbereiche. All das führt zu einem enormen Pension Gap von 41,1 Prozent! Die durchschnittlichen Alterspensionen betrugen 2022 bei den Frauen 1313 Euro und bei den Männern 2229 Euro brutto. Tipp: Über Pensionssplitting informieren, wenn Sie eine Partner_in und Kinder unter zehn Jahren haben. Quelle: Statistik Austria

Gleiche Verteilung der Care- und Hausarbeit – ausreichend Kinderbetreuungsangebote

Frauen leisten nach wie vor überwiegend die unbezahlte Care- und Hausarbeit, weshalb sie häufig einer Teilzeitarbeit nachgehen müssen. Teilzeitarbeit ist vorwiegend in schlechter bezahlten Berufen wie Einzelhandel möglich, da besser bezahlte, männerdominierte Berufe nicht auf Erwerbskarrieren von Frauen ausgelegt sind, sondern bloß auf „klassische“ Männerkarrieren, die sich weder der unbezahlten Care- noch Hausarbeit widmen müssen. Teilzeitarbeit stellt ebenso eine Hürde bei der beruflichen Karriere von Frauen dar.

Eine geschlechtergerechte Sprache

Sprache spiegelt gesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse wider und prägt unsere Wahrnehmungen. Die Anwendung geschlechtergerechter Sprache macht Menschen sichtbar und trägt aktiv zur Gleichstellung aller Geschlechter bei. Es ist nicht nur fragwürdig, sondern grammatikalisch schlichtweg falsch, wenn Frauen als Männer (also mit der männlichen Form) angesprochen werden, wo es doch ein eigenes Wort in unserer Sprache für sie gibt.

Wenn Berufe gendergerecht präsentiert werden, können sich Schüler_innen eher vorstellen, traditionell männliche Berufe zu wählen. Folgendes Beispiel zeigt, wie sehr Sprache Vorstellungen beeinflusst: „Bereits um 1840 schrieben Mathematiker die ersten Computerprogramme.“ Diese Formulierung produziert zuallererst männliche Bilder. Bis heute ist deshalb auch nicht im Allgemeinwissen verankert, dass um 1840 das allererste Computerprogramm von der Mathematikerin Ada Lovelace geschrieben wurde.

Was sind die Auswirkungen des Gender-Pay-Gaps?

Wir konnten schon in einigen steirischen Bezirken sehen, dass Frauen die Region verlassen, wenn sie einerseits beruflich nicht Fuß fassen können, nicht adäquat eingesetzt und bezahlt werden, Benachteiligungen erleben oder auch nicht die passenden Rahmenbedingungen (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen…) vorfinden.

Die Wirtschaft braucht Frauen aber dringend am Arbeitsmarkt. Dafür bedarf es unbedingt: Einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung, ein flächendeckendes Kinderbetreuungsangebot und eine deutlich höhere Entlohnung. Über eine gerechtere Bezahlung erhöhen Unternehmen ihre Attraktivität speziell gegenüber potenziellen Bewerberinnen, ein unschätzbarer Vorteil in Zeiten des Fachkräftemangels. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen zusammenarbeiten, um den Gender-Pay-Gap zu verringern und eine gerechtere Arbeitswelt für alle zu schaffen.

Über Kathrin Kleindienst-Resler

Kleine Zeitung Kleindienst Resler

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Kathrin Kleindienst-Resler ist Gleichstellungsbeauftragte des Arbeitsmarktservice Steiermark und Expertin für den Arbeitsmarkt.

Mehr Informationen finden Sie hier:
Website des AMS
Themenschwerpunkt Gender-Pay-Gap