KI im Business-Alltag
Gekommen, um zu wachsen
Künstliche Intelligenz ist längst im Wirtschaftsleben präsent. Neue Anwendungen werden aber noch tiefgreifendere Veränderungen zur Folge haben. Warum Experten zu Technologieoffenheit, aber auch zu Gelassenheit raten.
Es ist ja nicht so, dass das Phänomen ganz neu wäre. Die Technologie gibt es bereits seit über 50 Jahren und mittlerweile ist Künstliche Intelligenz bereits Dauergast in unserem Alltag. Sie kommt beim Online-Shopping für personalisierte Kaufempfehlungen und bei der Optimierung von Logistik ebenso längst zum Einsatz wie bei diversen Suchmaschinen, sie hilft mit automatischen Übersetzungstools wie auch beim Aufsperren von Türen oder Navi-Leitsystemen im Verkehrschaos. Warum dann dieser Hype, diese Aufgeregtheit und teilweise Angst?
Der Hype um KI: Neue Durchbrüche und der ChatGPT-Effekt
Tatsächlich gibt es die Technologie in ihren Grundzügen bereits seit über 50 Jahren. Aber wesentliche Fortschritte bei der Rechenleistung sowie die Verfügbarkeit großer Datenmengen und neue Algorithmen haben zuletzt zu bahnbrechenden Durchbrüchen geführt – Beispiel ChatGPT. Das Neue im Fall dieser seit November 2022 am Markt befindlichen Software: Das Monopol des Menschen auf die Verwendung von Sprache als Universalwerkzeug zur Wissensvermittlung ist mit dem Einsatz dieses Chatbots gefallen. Die Maschine liefert binnen Sekunden schlüssig wirkende Antworten auf so ziemlich jede Frage. Was nach einem allumfassenden Schatz an Wissen aussieht, ist aber nicht mehr als eine moderne maschinelle Lerntechnologie, die auf Basis vorhandener Texte plausible Wortfolgen kreiert.
„Es ist keine Kristallkugel, die die Wahrheit sagt, sondern nicht mehr als eine sich automatisch vervollständigende Funktion auf Basis von Statistik“, relativiert Sandra Wachter, aus Österreich stammende Professorin für Technologie und Regulierung am Oxford Internet Institute an der Universität Oxford: „Vielmehr ist es ein Modell, das sich an die Vergangenheit erinnert. Es hat kein Bewusstsein, hat kein eigenes Wissen, es versteht nichts. Man sollte eigentlich aufhören, von Intelligenz zu sprechen, sondern sollte einfach nur Statistik sagen.“
Wie auch immer man es nennt: Unternehmen können und sollen sich der Entwicklung nicht verschließen. Gerade in einer Zeit der ständigen Informationsflut, in der Menschen täglich mindestens 30-mal so viele Informationen zu bearbeiten haben wie in den 1970er-Jahren, wird die Bedeutung effektiven Wissensmanagements in Unternehmen immer deutlicher.
„Alle sind überlastet, suchen zu lange nach Informationen, werden ständig unterbrochen und versitzen zu viel Zeit in ineffizienten Meetings. Wir müssen Wissensarbeit reaktionsschnell und damit wieder produktiv machen“, sagt die Informationswissenschaftlerin und Wirtschaftspsychologin Isabella Mader, die seit über fünfzehn Jahren auf diesem Gebiet forscht und zum Thema auch ein aktuelles Buch geschrieben hat („Wissensmanagement erfolgreich umsetzen“).
KI und Arbeitsplatzentwicklung: Neue Chancen, neue Herausforderungen
Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen können demnach Teil einer Lösung sein, zumindest aber als Hilfswerkzeug dienen. Nicht zuletzt, weil sich die Technologie aus Rechenleistung, Daten und Algorithmen in exponentieller Geschwindigkeit in Richtung einer disruptiven Kraft entwickelt wie einst die Industrielle Revolution. Das klingt nach bedrohlicher Arbeitsplatzvernichtung.
Und ja, die Künstliche Intelligenz wird repetitive Arbeiten automatisieren und in diesen Bereichen menschliche Arbeitskräfte ersetzen, bestätigen Wirtschaftsforscher. Aber sie wird in anderen Bereichen neue Jobs entstehen lassen beziehungsweise bestehende verändern. Eine effektive Arbeitsaufteilung zwischen KI und menschlichen Fachkräften ist dabei entscheidend. „Es gelte zu verstehen, wer welche Aufgaben am besten bewältigen kann“, so Mader.
„Experimentieren in kleinen Schritten hilft, das Thema greifbar zu machen und unnötiges Drama rund um die Gefahren von KI zu vermeiden“, rät in diesem Zusammenhang Barbara Stöttinger, Dekanin der Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien. Als Faustregel gelte: „KI dort einsetzen, wo sie einen Mehrwert für die Menschen im Unternehmen schafft, und dort weglassen, wo Komplexität erhöht wird oder Mitarbeitenden Nachteile durch die Anwendung von KI entstehen."