Lieferkettengesetz in Kärnten und der Steiermark

GASTKOMMENTAR von Dr. Christina Mandl
Mit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) will die EU menschenrechtliche und ökologische Standards entlang globaler Lieferketten stärken. Auch wenn kleine und mittlere Unternehmen nicht unmittelbar unter das Gesetz fallen, werden viele von ihnen dennoch betroffen sein – etwa als Zulieferer oder Geschäftspartner größerer Unternehmen. Was bedeutet das neue EU-Lieferkettengesetz für KMUs in der Steiermark und Kärnten?
Was ist die EU-Lieferkettenrichtlinie?
Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) verpflichtet betroffene Unternehmen dazu, die Geschäftspartner:innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu prüfen und zu bewerten. Dies umfasst alle Aktivitäten – vom Einkauf über Entwicklung, Produktion, Lagerung, Vertrieb und Transport bis hin zur Abfallbewirtschaftung. Dabei gilt die Richtlinie sowohl für Produkte als auch für Dienstleistungen.
Durch umfassendes Risikomanagement sollen potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt ermittelt, abgeschwächt oder verhindert werden. Dies umfasst nicht nur die eigenen Geschäftstätigkeiten, sondern auch jene der Tochtergesellschaften und Geschäftspartner:innen.
Neue Fristen für die Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie
Das EU-Parlament hat im April dieses Jahres zugestimmt, die Umsetzungsfrist dieser viel diskutierten EU-Lieferketten-Richtlinie und deren Anwendbarkeit um ein Jahr (auf Juli 2027) zu verschieben. Konkret bedeutet das: Die EU-Mitgliedstaaten haben bis zum 26. Juli 2027 Zeit, die CSDDD in nationales Recht umzusetzen. Betroffene Unternehmen müssen die CSDDD ab Juli 2028 anwenden. Die Richtlinie gilt für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen und einem weltweiten Jahresumsatz von über 450 Millionen Euro. Die Herausgabe von Umsetzungshilfen und Leitlinien ist bis Juli 2026 vorgesehen – ein wichtiger Orientierungspunkt für Unternehmen.
Weniger Bürokratie, mehr Praxisnähe
Die Verschiebung der Umsetzungsfrist ist Teil eines größeren Vorhabens: Sie stellt den ersten Schritt („Stop-the-Clock“) im Rahmen des sogenannten Omnibus-I-Pakets dar, mit dem die EU-Kommission den überbordenden Bürokratieaufwand für europäische Unternehmen deutlich reduzieren will. Dadurch wird nun doch – wie versprochen – der Bürokratieabbau forciert und die inhaltlichen Anforderungen der EU-Nachhaltigkeitsrechtsakte (CSDDD, CSRD etc.) vereinfacht. Ein wichtiger Schritt für österreichische Unternehmen in Richtung Rechts- und Planungssicherheit sowie Praxistauglichkeit.
Das ursprüngliche Ziel dieser Richtlinie, wie oben angeführt – die sozialen und ökologischen Standards wie z. B. die Einhaltung der Menschenrechte und den Schutz der Umwelt entlang globaler Wertschöpfungsketten zu optimieren – ist grundsätzlich positiv zu betrachten. Doch die Praxis zeigt: Große Unternehmen werden ihre Pflichten entlang der Lieferkette weitergeben. Es ist zu erwarten, dass von der CSDDD betroffene Unternehmen ihre vorgegebenen Sorgfaltspflichten auch an KMU weitergeben werden, wenn diese ein Teil ihrer vor- bzw. nachgelagerten Wertschöpfungskette sind.
KMU in der Steiermark und Kärnten: Jetzt aktiv werden
Es ist höchst an der Zeit, dass sich österreichische KMU darauf vorbereiten. Ein erster Schritt ist zum Beispiel das Erstellen einer Treibhausgasbilanzierung, das Analysieren der eigenen Wertschöpfungskette mit Lieferkette in Richtung negativer Auswirkungen auf die vorgegebenen Themen der Nachhaltigkeit und das Ableiten einer entsprechenden Nachhaltigkeitsstrategie mit Zielen und Maßnahmen. Hilfreich können dabei auch die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sowie die freiwilligen VSME-Leitlinien für kleinere Unternehmen sein. Diese Maßnahmen sind keine isolierten Aktivitäten – sie wirken langfristig in die Unternehmensentwicklung hinein.
„Ich bin überzeugt, Nachhaltigkeit wird in die Mitte der Unternehmen rücken und auch langfristig in die Unternehmensstrategie implementiert werden müssen.“
Keine Frage – dieser nachhaltige Wandel verlangt den Betrieben einiges ab. Doch umweltfreundliches Wirtschaften birgt auch zahlreiche Chancen für Unternehmen. Das Thema Nachhaltigkeit gibt Unternehmen viel Raum, aktiv zu werden, und bietet auch diverse Vorteile. So kann eine gelebte Kreislaufwirtschaft oder effizientes Energiemanagement zu Einsparungen im Betrieb führen. Zudem ergeben sich aus der Umsetzung häufig Innovationsimpulse – etwa in der Produktentwicklung oder Prozessoptimierung. Somit können Betriebe auch an technischer Front die Möglichkeit nutzen, um nachhaltig nachzurüsten und das Unternehmen zu modernisieren.
Der soziale Mehrwert von nachhaltigen Unternehmensstrategien
Der Schritt in Richtung Umweltfreundlichkeit lohnt sich aber nicht nur in finanzieller Hinsicht. Unternehmen, die sich für nachhaltige Strategien im eigenen Betrieb starkmachen, profitieren oftmals auch bei ihren Mitarbeiter:innen, die lieber in einem modernen und innovativen Unternehmen arbeiten. Mitarbeiter:innen können längerfristig gehalten, das Image optimiert und Risiken insgesamt besser bewältigt werden.
Unternehmen, die sich hier gezielt aufstellen und ihre Potenziale eruieren, können Optimierungsmöglichkeiten erkennen oder auch neue Geschäftsfelder für sich erschließen und ihre Geschäftsbeziehungen auf sichere Beine stellen. So wird Nachhaltigkeit zu einem echten Erfolgsfaktor – nicht nur gegenüber regulatorischen Anforderungen, sondern auch im Markt.
Über Christina Mandl

Dr. Christina Maria Mandl ist zertifizierte CSR- und Nachhaltigkeitsberaterin mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien. Als Mitglied der CSR-Experts Group der WKO und allgemein beeidete Sachverständige für nachhaltige Stadt- und Ortsentwicklung berät sie Unternehmen und Kommunen insbesondere in den Bereichen ESG-Berichtspflicht, Fördermanagement und nachhaltige Organisationsentwicklung.