GASTKOMMENTAR von Christian Schmoeller

Quantencomputer: Chance oder Herausforderung für die digitale Sicherheit?

Quantencomputer – was nach ferner Zukunft klingt, wird schon bald Realität. Traditionelle Computer verarbeiten Informationen sequenziell, also nacheinander. Quantencomputer hingegen nutzen die besonderen Eigenschaften der Quantenphysik, um Probleme auf neuartige Weise zu lösen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Computern, die Aufgaben nacheinander abarbeiten, sind Quantencomputer also in der Lage, mehrere Rechenoperationen parallel auszuführen. Diese Entwicklung verspricht erhebliche Vorteile in Bereichen wie Medizin und Wissenschaft, bringt jedoch auch signifikante Herausforderungen für die digitale Sicherheit mit sich.

Aktuelle Verschlüsselungssysteme, die unsere digitale Welt schützen, sind darauf ausgelegt, Angriffen durch konventionelle Computer zu widerstehen. Diese Systeme sind für den Schutz sensibler Daten wie Online-Banking, persönliche Dokumente und vertrauliche Kommunikation verantwortlich. Sie basieren auf komplexen mathematischen Algorithmen, deren Lösung für herkömmliche Computer Tausende von Jahren in Anspruch nehmen würde. Quantencomputer hingegen haben das Potenzial, diese Rätsel innerhalb kürzester Zeit zu knacken. Experten prognostizieren, dass Quantencomputer innerhalb der nächsten zehn bis zwanzig Jahre leistungsfähig genug sein werden, um bestehende digitale Sicherheitsmechanismen zu überwinden. Daher besteht ein dringender Bedarf an neuen Schutzmethoden, die sowohl traditionellen als auch quantenbasierten Angriffen standhalten können.

Standards sichern Quantenresistenz

Für eine quantengesicherte Zukunft ist es notwendig, innovative Algorithmen zu entwickeln und diese als Sicherheitsstandards zu etablieren. Gemeinsam mit Forschungsinstitutionen, Industriepartnern und staatlichen Behörden arbeiten wir bei Infineon an Lösungen, die den Bedrohungen durch Quantencomputer standhalten können. Dieser Bereich wird als „Post-Quanten-Kryptografie“ (PQC) bezeichnet und zielt darauf ab, digitale Werte auch in einer zukünftigen Welt zu schützen, in der Quantencomputer alltäglich sein werden. Nach intensiven Tests und Evaluierungen wurden 2024 die ersten offiziellen Standards für quantenresistente Kryptografie veröffentlicht. Diese neuen Standards legen die Grundlagen für sichere digitale Signaturen sowie den Austausch von Verschlüsselungscodes fest, die für die Schaffung gesicherter Verbindungen unerlässlich sind. Durch die Implementierung dieser Standards wird es möglich, quantenresistente Schutzmaßnahmen in kritische Infrastrukturen zu integrieren, die von staatlichen Systemen bis hin zu persönlichen Geräten reichen.

Eine der größten Herausforderungen besteht nun in der praktischen und gesicherten Implementierung dieser fortschrittlichen Algorithmen. Ein Meilenstein in dieser Richtung setzte Infineon kürzlich. Als erstes Unternehmen weltweit erhielten wir die EAL 6 Common Criteria-Zertifizierung für die Implementierung quantenresistenter Sicherheit auf einem Sicherheitscontroller. Dieser spezielle Chip schützt sensible Vorgänge, die von Zahlungskarten bis zu digitalen Ausweisen reichen. Die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vergebene Zertifizierung bestätigt, dass die Implementierung strenge internationale Sicherheitsstandards erfüllt und sowohl gegen gegenwärtige als auch zukünftige Bedrohungen schützt.

Bei unserer Lösung nutzen wir den neuesten Infineon TEGRION™-Sicherheitscontroller in Kombination mit der fortschrittlichen Integrity Guard 32-Architektur. Dieser Ansatz zeichnet sich durch zwei zentrale Schutzebenen aus: Zum einen verwendet er fortschrittliche mathematische Mechanismen, die resistent gegen Angriffe von klassischen Computern und Quantencomputern sind. Zum anderen werden physikalische Schutzmaßnahmen implementiert, die eine direkte Manipulation des Chips verhindern, beispielsweise durch Laserattacken. Diese umfassende Sicherheitsstrategie sorgt dafür, dass sensible Daten wie Zahlungsinformationen, Ausweisdokumente oder andere vertrauliche Informationen sowohl im Hinblick auf gegenwärtige als auch auf zukünftige Bedrohungen geschützt sind.

Quantenresistente Sicherheitslösungen für die Zukunft schaffen

Die Common Criteria-Zertifizierung gilt als international anerkannter Maßstab für die Sicherheitsbewertung von IT-Produkten. Solche Zertifizierungen setzen hohe Standards, um Anwendungen auch künftig wirksam abzusichern – von der SIM-Karte im Mobiltelefon bis hin zu den sicheren Dokumenten, die zur Verifizierung der Identität nötig sind. Es ist notwendig, dass wir uns bereits jetzt den Herausforderungen des Quantencomputings stellen. Nur so können Unternehmen dafür sorgen, dass die digitalen Systeme, die für das moderne Leben unverzichtbar sind, auch in Zukunft zuverlässig sind. Infineon wird weiterhin in Forschung und Entwicklung im Bereich quantenresistenter Sicherheitstechnologien investieren, da der Bedarf an entsprechenden Schutzmaßnahmen mit dem Fortschritt des Quantencomputings nur zunehmen wird. Die Innovationskraft und das Fachwissen von Infineon werden entscheidend dazu beitragen, die Zukunft der digitalen Sicherheit zu gestalten.

Über Christian Schmoeller

Kleine Zeitung IFX Christian Schmoeller

Christian Schmoeller ist Head of Government and Enterprise Identification Solutions bei Infineon. Infineon Technologies ist ein weltweit führender Anbieter von Halbleiterlösungen, die für Energieeffizienz, Mobilität, Sicherheit und das Internet der Dinge (IoT) eingesetzt werden.

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