Unternehmen, die nicht mit der Digitalisierung Schritt halten, werden von agileren und technologisch fortschrittlicheren Konkurrenten überholt. In Steiermark und Kärnten gibt es diesbezüglich Aufholbedarf.

Digitalisierungsrückstand in Kärnten & Steiermark: Welche wirtschaftlichen Folgen drohen

Die Digitalisierung ist aus der heimischen Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Was aber, wenn sie erst gar nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist? Als Gradmesser gilt die Digitalisierungsintensität von Unternehmen. Diese ergibt sich aus der Anzahl der genutzten digitalen Technologien. In Österreich gibt es diesbezüglich laut Statistik Austria ein deutliches West-Ost-Gefälle (Vorarlberg 71 Prozent, Burgenland 49 Prozent), wobei aber gerade auch die Steiermark (53 Prozent) und Kärnten (55 Prozent) zu den Bundesländern mit den niedrigsten Werten und damit dem größten Aufholbedarf gehören. Ein Digitalisierungsrückstand kann für einen Wirtschaftsstandort im Allgemeinen und betroffene Unternehmen im Speziellen verschiedene Gefahren mit sich bringen, warnen Experten.

Produktivitätsverlust

Ohne digitale Technologien bleiben viele Arbeitsprozesse manuell und ineffizient. Das führt zu höheren Kosten und einer geringeren Produktivität, was auf lange Sicht die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens oder eines ganzen Wirtschaftsstandorts mindert. „Die produktive Nutzung digitaler Technologien stellt eine Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit und für die Sicherung des Wohlstands dar“, mahnt  Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria. Aufholpotenziale sieht sie diesbezüglich bei hochspezialisierten IT-Fachqualifikationen, Basisqualifikationen in der Bevölkerung, der effektive Nutzung von digitalen Technologien, insbesondere KMU, sowie der digitalen Innovationsfähigkeit. „Wenn Österreich bis 2027 zu den bei der Digitalisierung wettbewerbsfähigsten Ländern aufschließen kann, so könnte dies, kumuliert über die Jahre bis 2030, ein zusätzliches BIP von etwa 100 Mrd. Euro bewirken“, rechnet sie vor.

Fachkräftemangel und Fachkräftemigration

In einer zunehmend digitalisierten Welt wird der Bedarf an Fachkräften mit digitalen Kompetenzen steigen. Ein Rückstand in der Digitalisierung könnte dazu führen, dass Fachkräfte abwandern oder dass es schwieriger wird, talentierte Mitarbeiter zu gewinnen. Dies könnte besonders für technologieorientierte Sektoren problematisch sein.

Verpasste Innovationschancen

Die Digitalisierung ist als vielseitige Mehrzwecktechnologie der Motor zahlreicher Innovationen. Diese stärken langfristig die Nachfrage und mit dem Wachstum der Wirtschaftsleistung auch die realen Einkommen. Umgekehrt kann ein Digitalisierungsrückstand verhindern, dass Unternehmen neue Märkte erschließen oder ihre Prozesse nachhaltig optimieren. Relativ zu den Spitzenreitern liegt Österreich aber hinsichtlich vieler Kennzahlen zur Digitalisierung zurück, wie z. B. die im internationalen Vergleich geringere private Nutzung modernster Breitbanddienste zeigt, so die ernüchternde Status quo-Analyse des WIFO. Demnach liegt Österreich beim Pro-Kopf-Einkommen in der EU auf dem 7. Rang, im Digitalisierungsindex der EU hingegen auf Platz 11.

Schwierigkeiten bei der Kundenbindung und -akquise

Kunden erwarten zunehmend digitale Lösungen und eine hohe Benutzerfreundlichkeit. Unternehmen, die diese Erwartungen nicht erfüllen, könnten Marktanteile an digital fortschrittlichere Wettbewerber verlieren. Zudem kann das Fehlen von E-Commerce-Optionen oder digitalen Dienstleistungen die Reichweite und den Erfolg von Unternehmen einschränken. Außerdem verändert die Digitalisierung den Vertrieb grundlegend – von personalisierten Kundenansprachen über automatisierte Prozesse bis hin zu neuen Verkaufs- und Servicekanälen, die weit über die kostengünstige digitale Produktpräsentation hinausgehen.

Infrastrukturprobleme

Ein Digitalisierungsrückstand betrifft auch die digitale Infrastruktur eines Wirtschaftsstandorts, wie etwa Internetgeschwindigkeit und Verfügbarkeit von Breitbanddiensten. Wenn diese Infrastruktur nicht modernisiert wird, können Unternehmen in ihrer Entwicklung gehemmt werden, und es wird schwieriger, neue Unternehmen oder Investoren anzuziehen. Christoph Badelt, Vorsitzender des Produktivitätsrates, drängt daher auf eine umfassende Digitalisierungsoffensive. Dazu gehören ein schnellerer Ausbau des Breitbandnetzes, Maßnahmen zur Beseitigung von Kostennachteilen der KMUs bei der Nutzung digitaler Technologien, die weitere Digitalisierung und Entbürokratisierung von Unternehmensgründungen sowie ein umfassender Ansatz zur Stärkung digitaler Kompetenzen im Rahmen des Bildungssystems aber auch in den Unternehmen.

Sicherheitsrisiken

Unternehmen, die ihre IT-Systeme nicht ausreichend modernisieren, setzen sich auch einer größeren Gefahr von Cyberangriffen aus. Eine schlechte Sicherheitslage kann zu Datenverlust, Reputationsschäden und erheblichen finanziellen Verlusten führen.

Stagnation der Wirtschaftsentwicklung

Wenn sich ein Wirtschaftsstandort insgesamt schwer tut, in die Digitalisierung zu investieren, könnte dies langfristig zu einer Stagnation der Wirtschaft führen. Die Länder, Regionen oder Städte, die nicht digitalisieren, werden immer mehr von denjenigen überholt, die den digitalen Wandel als Chance nutzen. Umgekehrt kann eine konsequente Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts stärken und Chancen für Wachstum und Innovation eröffnen. Der Thinktank Agenda Austria warnt daher davor, das in Österreich umtriebige „Bürokratiemonster einfach nur ins Internet umzusiedeln. Das hat nichts mit Digitalisierung zu tun. Österreich muss leichtgängiger und zugleich digitaler werden“.