Audio-Journalismus im Wandel

Wie sich journalistische Podcasts als Ergänzung zu klassischen Medien entwickeln
Seit Februar 2024 veröffentlicht die ÖAK1 monatlich Downloadzahlen zu Podcasts – ein klares Signal dafür, dass es sich bei Podcasts längst nicht mehr um ein Nischenmedium mit Amateur-Charakter handelt. Im Gegenteil: Rund 40 % aller Österreicher:innen hören zumindest gelegentlich Podcasts2.
Das Ende der Pionierzeit und die Professionalisierung
Die regellosen Zeiten des Podcastmarkts sind vorbei. Formate, die früher unabhängig und experimentell agierten, wurden entweder von großen Medienhäusern übernommen oder durch Agenturen in strukturierte Produktionen überführt. Unabhängige Podcasts haben es zunehmend schwer, eine kritische Masse an Hörer:innen zu erreichen, denn das voluminöse Grundrauschen großer Player dominiert die Szene.
Mit dieser Entwicklung einher geht ein gewisses Mindestmaß an Produktionsqualität, das inzwischen zum Standard geworden ist. Podcasts mit schlechter Tonqualität oder störendem Rauschen werden heute nicht mehr toleriert. Gleichzeitig nimmt die Vielfalt der Themen und die kreative Nutzung des Mediums ab. Die Frage nach Reichweite tritt immer stärker in den Vordergrund – oft auf Kosten von Relevanz.
Während der Podcast-Boom während der Pandemie noch von kreativen Nischenangeboten lebte, zielen viele Formate heute auf ein möglichst breites Publikum. Spitze Zielgruppen werden seltener angesprochen – ein Trend, dem die Kleine Zeitung gezielt entgegenwirken möchte, indem sie mit regionalem Fokus Nähe zu aktiven Communities schafft.
AI – Hype oder Hilfe?
Zwar wird aktuell viel über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Audioproduktion gesprochen, doch rein KI-generierte Podcasts, beispielsweise in Form von KI-generierten Stimmen, stoßen bei Hörer:innen auf Skepsis. Nur 16 % der Österreicher:innen akzeptieren es, wenn KI die Stimme vertrauter Moderator:innen ersetzt2. Die Inhalte wirken häufig zu generisch, der emotionale Zugang fehlt.
Anders sieht es in der Postproduktion aus: Hier sind KI-gestützte Tools bereits weit verbreitet – etwa beim Herausfiltern von Störgeräuschen oder der Verbesserung der Tonqualität. Das Ergebnis ist eine professionellere Audioproduktion mit geringerer technischer Einstiegshürde.
Der Unterschied zwischen Journalismus und Meinung
Anhand des Formats lässt sich bei Podcasts noch nicht unterscheiden, ob es sich um einen journalistischen Beitrag oder einen Austausch von weniger qualifizierten Meinungen handelt. Bei den beliebten Gesprächsformaten sind häufig prominente Stimmen und zugespitzte Thesen erfolgreich. Gleichzeitig zeichnet sich ein Gegentrend ab: Formate, die ihre Recherchen transparent machen und journalistische Qualität liefern, gewinnen an Bedeutung. Hochwertige, storytelling-basierte Podcasts mit hörspielartigen Elementen bieten hier eine willkommene Alternative. In sich abgeschlossene Miniserien und gut recherchierte Nischenformate treffen zunehmend den Nerv eines anspruchsvolleren Publikums. Dass journalistisch geprägte Formate geschätzt werden, zeigt auch die Absenderwahrnehmung: Über ein Drittel der gehörten Podcasts ordnen Hörer:innen in Österreich den Tageszeitungen oder Zeitschriften zu.
Von Audio zu Multimedia: Die neue Vielkanaligkeit
Podcasts sind längst keine reinen Audioproduktionen mehr. Vor allem Gesprächsformate werden zunehmend auch als Video aufgezeichnet – etwa für YouTube oder Twitch. Plattformen wie Discord dienen dem unmittelbaren Austausch mit der Community. Dieses crossmediale Engagement stärkt die Bindung zur Marke und schafft neue Kontaktpunkte mit dem Publikum.
Monetarisierung unter Druck: Was Werbung heute leisten muss
Die goldenen Zeiten hoher Tausenderkontaktpreise sind vorbei. Viele Podcasts können sich nicht mehr allein über automatisierte Werbung finanzieren. Neue Kooperationsmodelle werden notwendig: gesponserte Staffeln, gebrandete Inhalte oder individuell entwickelte Sonderformate, die Werbepartner aktiv einbinden.
Gleichzeitig gewinnen Plattformen wie Patreon oder Steady an Bedeutung. Dort werden Podcasts direkt von ihren Communities unterstützt – oft im Gegenzug für exklusive Inhalte, Bonusfolgen, Merchandise oder Zugang zu Live-Events.
Podcasts sind gekommen, um zu bleiben – aber unter neuen Bedingungen
Die Podcast-Landschaft ist heute professioneller, strukturierter und vielfältiger in ihren Ausspielwegen. Wer sich als Werbetreibender in diesem Umfeld positionieren will, sollte nicht nur auf Reichweite setzen, sondern auf inhaltliche Relevanz und mediale Glaubwürdigkeit.
1 ÖAK Podcast Ausweisung
2 RTR Online-Audio-Monitor Austria 2024